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Zur Verfügung gestellt von Familie Zwickl, Silbersberg.
Abbildung 43: © Alte Prigglitzer Ansicht aus dem Postkartenarchiv der Österr. Nationalbibliothek
Auf einer Fahrt durch unser Gemeindegebiet fallen Ihnen sicher die vielen alten Obstbäume auf. Besonders unsere Bauernhöfe sind meist von einer beträchtlichen Anzahl von Apfel-, Birnen-, Kirschen- und Zwetschgenbäumen umgeben. Und doch ist das nur mehr ein bescheidener Rest von der einst prächtigen Obstkultur in Prigglitz. Geschätzt sind noch ca. 6.000 Bäume vorhanden. Bei einer Baumzählung in den 1930er Jahren ist ein Bestand von mehr als 35.000 Bäumen dokumentiert.
In der Prigglitzer Chronik von Josef Leitgeb aus 1885 werden auch die Ursprünge des Obstbaues beschrieben:
„Herr Franz Leitgeb, geboren zu Wien 1785, war vom Jahre 1808 bis zu seinem Tode 1852 Schulmeister in der Gemeinde Prigglitz. Er hat sich nicht nur als Schulmann und Chormusiker, sondern auch als Ökonom und Menschenfreund vorzüglich ausgezeichnet. Insbesondere verdankt ihm die Gemeinde die Einführung der Obstbaumveredelung und die Anlegung von Baumschulen.“ (Seite 14)
Weiters ist zu lesen:
„Als er nach Prigglitz kam, sah es mit der Obstgewinnung sehr arg aus; man hatte nichts als Holzäpfel und Holzbirnen; der reichste Bauer hat in den besten Jahren kaum 5 Eimer Most erzeugt; heute deponiert fast jeder halbwegs gut situierte Wirtschaftsbesitzer in einem normalen Jahre gegen 100 Eimer sehr guten Most in seinem Keller.“ (Seite 113)
Der selbst gekelterte Most war in früheren Zeiten ein überaus wichtiger und wertvoller Bestandteil der Ernährung. War er doch ein gesundheitlich unbedenkliches Getränk und dadurch auch unverzichtbar. Zu jener Zeit war die öffentliche Trinkwasserversorgung noch nicht vorhanden und das Wasser aus den üblichen Hausbrunnen oft von bedenklicher Qualität.
Abbildung 44: © Fam. Zwickl, Prigglitz
Es gab jedoch nur einfache Einrichtungen zur Verarbeitung des Obstes. Daher war es notwendig, verschiedene Apfel- und Birnensorten mit verschiedensten Reifezeitpunkten zur Verfügung zu haben. So konnte über mehrere Wochen und Monate das Pressen und Einlagern erfolgen, außerdem konnte der Zucker- und Säuregehalt des Saftes besser eingestellt werden.
Darin begründet sich die überaus reiche Sortenvielfalt und der Variantenreichtum der heimischen Obstgärten.
Der zunehmenden Mechanisierung, dem Einsatz von Traktoren und modernen Erntemaschinen musste ein Großteil der Baumbestände jedoch weichen. Heute finden wir die verbliebenen Reste überwiegend in steilen Hanglagen, Feldrainen, Böschungen und Hausgärten.
Das bescheidene Angebot in unseren Supermärkten, die geschmackliche Verarmung, das Wegzüchten von wertvollen Eigenschaften und zunehmende Unverträglichkeiten führen wieder zu einem neuen Bewusstsein über den Wert der vielfältigen alten Sorten.
Wir haben daher 2010, 2012 und 2014 Sortenbestimmungstage für Äpfel in Zusammenarbeit mit den Pomologen des Vereines ARCHE NOAH organisiert. Dabei wurden über 100 in diverser Literatur beschriebe Apfelsorten gefunden. Es fanden sich jedoch auch einige endemische Sorten, die auch mit neuen Namen, z.B. als "Prigglitzer Abendrot“, versehen wurden.
Die Erhaltung und die Pflege der alten Sorten sind die Herausforderung und Aufgabe für unsere und zukünftige Generationen. Mit dem Betrieb mehrerer Mostheuriger und Ab-Hof-Läden im Gemeindegebiet sind bereits gute Voraussetzungen geschaffen.